Der Zeitpunkt hätte nicht passender gewählt sein können: Am 10. April, zeitgleich zur Sitzung des Europäischen Rates in Brüssel, diskutierte auch die ASJ Berlin das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Rachel King, Botschaftsrätin und Leiterin der Abteilung EU und Wirtschaft der britischen Botschaft in Berlin, und Metin Hakverdi, SPD-Bundestagsabgeordneter und Brexit-Berichterstatter im Europaausschuss, erläuterten unter Moderation von ASJ-Landesvorstandsmitglied Timo Vogler den Stand der Verhandlungen und mögliche weitere Entwicklungen.
Rachel King gab dabei zunächst einen Überblick über den Verlauf der Verhandlungen zwischen der britischen Regierung und der Europäischen Union und den anschließenden Beratungen im House of Commons, das das verhandelte Austrittsabkommen mittlerweile zum dritten Mal abgelehnt hat. Derzeit laufen Gespräche zwischen der Regierung von Theresa May und der Labour-Opposition unter Jeremy Corbyn über einen möglichen Kompromiss, der etwa den Verbleib Großbritanniens in der Zollunion oder ein zweites Referendum über das Austrittsabkommen beinhalten könnte.
Metin Hakverdi betonte, dass die Brexit-Krise inzwischen weit über die konkreten Inhalte des Austrittsabkommens hinausgehe, und warnte vor europäischer oder deutscher Überheblichkeit gegenüber der britischen Seite. Den ursprünglich von EU-Verhandlungsführer Michel Bernier vorgeschlagenen ursprünglichen „Backstop“, nach dem Nordirland während eines Übergangszeitraums in der Zollunion und im Binnenmarkt geblieben wäre, lobte er als genialen Schachzug, der zeige, dass die EU eigene Interessen in den Verhandlungen auch zurückgestellt habe; aus innenpolitischen Gründen stimmte das Vereinigte Königreich dieser Lösung der Frage einer Grenze zwischen Irland und Nordirland aber nicht zu.
Die Veranstaltung machte deutlich, dass viele Fragen der Umsetzung des Brexit auch weiterhin offen und eine Lösung nicht in Sicht ist. Ebenso deutlich wurde aber, dass uns mit Großbritannien mehr verbindet als nur die Mitgliedschaft in der EU und die engen und freundschaftlichen Beziehungen auch in Zukunft andauern werden.Wohin steuert die EU nach dem Austritt Großbritanniens?