ASJ Berlin fordert umgehende Rücknahme der Genehmigung zur Speicherung von Restschuldbefreiungen durch Wirtschaftsauskunftsdateien

Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen erteilte dem Branchenverband „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ am 25. Mai 2018 die Genehmigung der „Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien“ nach der Datenschutzgrundverordnung der EU. 

Nach diesen Verhaltensregeln werden Restschuldbefreiungen nach erfolgreich durchlaufenen Insolvenzen von natürlichen Personen weiterhin drei Jahre gespeichert, obwohl die Bekanntmachung einer erteilten Restschuldbefreiung innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses zu löschen ist. Damit werden das deutsche Insolvenz- und das Datenschutzrecht zum Nachteil des redlichen Schuldners unterlaufen. Die Genehmigung wurde offenbar ohne jede Beteiligung der Verbraucherschutzverbände und anscheinend auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Landesdatenschutzbeauftragten der anderen Bundesländer für die gesamte Bundesrepublik Deutschland erteilt. Sie legitimiert eine Praxis der Auskunfteien, frühere Schuldner selbst nach Restschuldbefreiung über Jahre weiter mit einem Makel zu versehen.  

Das deutsche Insolvenzrecht sieht in §§ 286 ff. Insolvenzordnung (InsO) vor, dass natürlichen Personen nach einer Insolvenz und einem Restschuldbefreiungsverfahren Restschuldbefreiung erteilt wird. Das Restschuldbefreiungsverfahren dauert seit dem 1.10.2020 drei Jahre und gibt redlichen Schuldnern die Chance, sich aus der Schuldenfalle zu befreien und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens wieder gleichberechtigt am Wirtschaftsleben teilzunehmen. 

Die erteilte Restschuldbefreiung wird öffentlich bekannt gemacht (§ 300 Abs. 4 Satz 1 InsO) und ist nach der Insolvenzbekanntmachungsverordnung innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses zu löschen (§ 3 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 InsoBekVO). Trotzdem speichern Wirtschaftsauskunfteien wie die SchuFA oder Creditreform diese Daten drei Jahre weiter. 

Die Verhaltensrichtlinien des Verbandes wirken sich für die redlichen Schuldner trotz gerichtlich festgestellter Restschuldbefreiung verheerend aus: Sie können wegen dieser Speicherung ihrer persönlichen Daten in Auskunfteien über Jahre keine Wohnung finden, können keine Darlehen aufnehmen oder haben Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche, weil sie weiter als überschuldet gelten. Der Gesetzgeber hat auf Drängen der SPD-Bundestagsfraktion zum Jahreswechsel 2020/2021 die Frist für die Restschuldbefreiung auch für Privatpersonen rückwirkend auf drei Jahre verkürzt. Die Genehmigung der Datenschutzbeauftragten NRW ist damit juristisch aus der Zeit gefallen und sollte aufgehoben werden.

Einem redlichen Schuldner sollte nach einem gerichtlichen Verfahren der Restschuldbefreiung eine faire Chance zur Teilnahme am Wirtschaftsleben gegeben werden. Mit dem Fortbestehen einer  zweifelhaften Freizeichnung von rechtlich bedenklichen Verhaltensregeln werden deutsches Insolvenz- und Datenschutzrecht unterlaufen und ehemalige Schuldner diskriminiert.

Die Stellungnahme der ASJ Berlin finden Sie hier