Der Landesparteitag der SPD hatte am 23. November 2024 beschlossen, ein Symposium (Fachvorträge und Workshops) durchzuführen mit dem Ziel, den Begriff „Clankriminalität“ im Rahmen des Konzepts zur Kriminalitätsentwicklung kritisch zu diskutieren, um langfristig durch einen Begriff abzulösen, der jedem Eindruck von Diskriminierung und Rassismus vermeidet.
Auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) der Jusos Berlin, des Fachausschusses Inneres und Recht und der AG Migration und Vielfalt (AGMig) kamen am Samstag rund 80 Genoss*innen der SPD Berlin ins Kurt-Schumacher-Haus und diskutierten den seit Jahren umstrittenen Begriff. Viele migrantisierte Personen kritisieren seit Jahren die Verwendung des Begriffs als diskriminierende sowie rassistische Zuschreibung und rechtsstaatlich bedenklich, auch weil er Racial Profiling fördere. Menschen, die nichts mit Kriminalität zu tun haben, aber bestimmte Nachnamen tragen, erleben durch die Konnotation in ihrem Alltag immer wieder Nachteile und Ablehnung.
In der Arbeit der Polizei und Strafverfolgungsbehörden wird der Begriff verwendet, um ein besonderes Phänomen der Kriminalität zu beschreiben, welches sich nicht mit den Begriffen der Organisierten Kriminalität und der Mafia deckt. Ein „Clan“ zeichnet sich als informelle soziale Organisation durch ein gemeinsames Abstammungsverständnis seiner Angehörigen, eine hierarchische Struktur, ein ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl und ein gemeinsames Normen- und Werteverständnis aus. „Clankriminalität“ umfasst das delinquente Verhalten von Clanangehörigen, die Clanzugehörigkeit stellt dabei eine verbindende, die Tatbegehung fördernde oder die Aufklärung der Tat hindernde Komponente dar.
Die stellvertretende Landesvorsitzende Rona Tiedje begrüßte gemeinsam mit den Vorsitzenden der drei Arbeitsgemeinschaften und des Fachausschusses die Referent*innen und Teilnehmer*innen zu dem Symposium und bedankte sich für die Organisation und die herausragende Auswahl des Programms. In den Impulsvorträgen von Prof. Dr. Klaus von Lampe (HWR Berlin) und Prof. Dr. Kilian Wegner (Hochschule Viadrina) wurde deutlich, dass mit dem Begriff sehr unterschiedlichen Formen von Regelverletzungen und Straftaten zusammengefasst werden, wobei die Zugehörigkeit zu einem Clan eine spezifische Bedeutung habe. Dagegen wurde eingewandt, dass die Verwendung des Begriffs aufgrund der unterschiedlichen Formen für die Strategie der Kriminalitätsbekämpfung keinen maßgeblichen Vorteil bringe und der Begriff Unschärfen aufweise, die im politischen Diskurs zu Fehlinterpretationen und Diskriminierung führen können. Das Spannungsfeld zwischen der schlichten Beschreibung einer Kategorie der Kriminalität und seiner diskriminierenden Wirkung im politischen Kontext wurde sodann lebhaft in drei Workshops diskutiert. Dabei tauschten die Teilnehmer*innen ihre Perspektiven und Erfahrungen aus und suchten gemeinsam nach Lösungen, um den Phänomenbereich der Kriminalität, den niemand bestritten hat und der von allen deutlich abgelehnt wird, ohne diskriminierende und rassistische Konnotation besser zu beschreiben.
Der Landesvorsitzende Martin Hikel bedankte sich in seiner Keynote für den guten Austausch und die wertschätzende und respektvolle Diskussion. Er hob hervor, dass die SPD Berlin Antworten auf die besonderen Probleme geben müsse, die mit dem Begriff beschrieben werden, die SPD Berlin aber auch die berechtigte Kritik an dem Begriff und seiner Verwendung im politischen Diskurs sehr ernst nehmen müsse. Es sei deshalb sehr wichtig, sich gemeinsam darüber auszutauschen und argumentativ zu ringen, eine diskriminierungsfreie Beschreibung zu finden.
In der anschließenden Podiumsdiskussion, die die Landesvorsitzende der ASJ, Katja Anders, moderierte, diskutierten Sinem Taşan-Funke, stellvertretende Landesvorsitzende der SPD Berlin Dirk Peglow, Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter, Christian Hochgrebe, Staatssekretär für Inneres und Dr. Doris Liebscher, die Leiterin der LADS-Ombudsstelle, die Ergebnisse der Workshops und die Frage, welche Bedeutung der Begriff in der Kriminalitätsbekämpfung und in der politischen Auseinandersetzung für die SPD Berlin habe.
Am Ende kamen die Teilnehmer*innen zu einem Get-together zusammen und lobten übereinstimmend den hervorragenden fachlichen Input und den guten und respektvollen Austausch über dieses schwierige und emotionale Thema, bei dem auf allen Seiten die Sensibilität gestärkt wurde. Die beteiligten Arbeitsgemeinschaften und der Fachausschuss werden aufgrund des guten Auftaktes die Debatte weiterführen, um zu versuchen, den Begriff „Clankriminalität“ langfristig durch einen Begriff abzulösen, der jeden Eindruck sowie jede tatsächliche Diskriminierung und Rassismus vermeidet.