Zum Anspruch auf Anpassung von Gewerbemietverträgen
Ziemlich versteckt hat der Gesetzgeber die von der SPD geforderte Anspruchsgrundlage für eine solidarische Vertragsanpassung bei Gewerbemietverträgen geregelt, auf die der Arbeitskreis Insolvenz der ASJ (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen) hinweist.
Viele Gewerbetreibende sind durch die staatlich vorgeschriebenen Beschränkungen oder gar Schließungen ihres Geschäftsbetriebes, die die Einnahmen bei fortbestehenden Zahlungsverpflichtungen ohne ihr Verschulden schrumpfen oder entfallen lassen, in die Gefahr des Verlustes ihrer wirtschaftlichen Existenz geraten. Zwar bemüht sich der Staat, besonders krasse Umsatzverluste teilweise auszugleichen. Dennoch sind gerade kleinere Gewerbetreibende – Einzelhandelsgeschäfte, Restaurants, Sportstudios, Friseur- oder Kosmetiksalons usw. – durch Einbruch der Einnahmen bei Fortbestand der Zahlungsverpflichtungen von Insolvenz bedroht, insbesondere da sich die Tätigkeitsbeschränkungen und Geschäftsverbote seit Oktober 2020 erneut über Monate hinziehen. Zu der in dieser Lage gebotenen und von den Sozialdemokrat*innen geforderten solidarischen Verteilung der Belastungen hat sich der Gesetzgeber am 22.12.2020 eindeutig bekannt.
Geregelt ist dies in § 7 zu Art. 240 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) des Gesetzes „Zur …. Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im …. sowie im Miet- und Pachtrecht“ vom 22.12.2020 (Fundstelle: BGBl. 2020 I S. 3328, hier S.3332,) wobei sich wichtige Kriterien für die Anwendung der Vorschrift aus der Begründung in der Bundestagsdrucksache Nr. 19/25322 (Fundstelle: BT 19/25322, S. 19, 20, 21) ergeben.
§ 7 bestimmt, dass, soweit Miet- oder Pachträume für Gewerbetreibende infolge staatlicher Maßnahmen zu Bekämpfung der Pandemie nicht oder nur erheblich eingeschränkt nutzbar sind, vermutet wird, dass sich die Grundlage des Miet- oder Pachtvertrages schwerwiegend geändert hat.
Damit wird eine wesentliche Voraussetzung für eine Anpassung des Mietvertrages an die veränderten Umstände nunmehr gesetzlich vermutet, muss also vom betroffenen Mieter nicht mehr bewiesen werden. Dabei nennt der Gesetzgeber als Beispiele der Anpassung eine Stundung (d.h. Aufschiebung der Fälligkeit ohne Zinsanspruch) oder eine Anpassung der Miethöhe oder auch die Aufhebung des Vertrages.
So besteht nun eine gesetzliche Grundlage für eine Vertragsanpassung, während ohne diese Vorschrift der Mieter das Risiko der sinnvollen Nutzung der Mieträume tragen würde und die Gerichte deshalb bisher vielfach Ansprüche etwa auf Mietminderung abgelehnt haben.
Der Gesetzgeber hat in der Begründung zu § 7 (Seite 19, 20,21 BT 19/25322) auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei pandemiebedingten Einschränkungen regelmäßig davon auszugehen sein wird, dass der Gewerbetreibende in Kenntnis der staatlichen Beschränkungen für den Gewerbe-betrieb den Mietvertrag so nicht abgeschlossen hätte.
Der Gesetzgeber stellt ferner klar, dass die pandemiebedingten Einschränkungen grundsätzlich weder der Sphäre des Mieters noch der des Vermieters zuzurechnen sind. Das ist von Bedeutung dafür, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag zuzumuten ist. Ist keiner der Vertragsparteien das Risiko zuzurechnen, so führt das grundsätzlich zu einer Verteilung des Risikos je zur Hälfte auf beide Vertragspartner, also auf Mieter und Vermieter. Nachweisbare erhebliche Umsatzeinbußen gelten als Hinweis für eine unzumutbare Beeinträchtigung des Mieters. Soweit der Mieter allerdings einen Ausgleich für den Umsatzverlust erhält oder die Räume teilweise weiter nutzt und Umsätze erzielt, sind diese Verluste mindernden Umstände anzurechnen.
Die Gesetzesänderung bietet also gerade bei den fortdauernden gesetzlichen Einschränkungen eine Chance im Wege von Verhandlungen oder notfalls mit Hilfe der Gerichte eine Vertragsanpassung für die Dauer der Einschränkung des Gewerbebetriebes zu erlangen.
Christian Oestmann, Landesvorsitzender der ASJ Berlin, erklärte: Die Lasten der Pandemie müssen solidarisch getragen werden. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, einen fairen Ausgleich durch vertragliche Anpassungen zu schaffen.